HÖHERE GEWALT / FORCE MAJEURE / SCHAURAUM HAMBURG
Ein temporärer Raum zwischen Finden, Erinnern und Vergessen.

Ein Wohnzimmer, das der Betrachter unvermutet betritt. Der Bewohner nicht anwesend, aber in den hinterlassenen Gegenständen präsent. Der Besucher füllt die Abwesenheit mit eigenen Gedanken. Der Raum ist ein Angebot. Persönliche Assoziationsketten haben ebenso ihre Berechtigung, wie die Suche nach dem, der diesen Raum gestaltet hat. Ein „temporärer Raum“ in vielerlei Hinsicht: in einigen Tagen verschwinden die Gegenstände wieder aus den Räumen des Schauraums. Noch viel früher wird der Besucher zurückkehren in seine eigenen Räume und die des Gesehenen oder auch nur seine eigene Geschichte fort spinnen.


Was hat man dazwischen gefunden? Was vergessen? Vor allem aber: was erinnert man dann noch von dem, was man gesehen hat? Wird aus dem Finden eine Suche nach dem Menschen, der auf dem Sofa gesessen, die vielen Zigaretten geraucht, in seinen Büchern gelesen und seinen ganz persönlichen Aus-schnitt aus den Dias vergangener Reisen gewählt hat? Wird es eine Reise in die individuelle Geschichte eines jeden von uns?


Wie konstruieren wir unsere Erinnerungen? Was lassen wir zu und was blenden wir aus? Wie definieren wir uns in dieser Schematisierung unserer Vergangenheit. Was projizieren wir in die Dinge und Geschichten, die uns tagtäglich begegnen. Wie konstruieren wir uns als individuelles „Selbst“.


Der Raum ist als Angebot gedacht: Der Betrachter darf in den Artefakten des Raumes die Geschichte des imaginierten Bewohners suchen. Wer ist diese Person? Vielleicht ein Mensch der Vergangenheit im kleinspießbürgerlichen Ambiente der Achtziger. Ein leidenschaftlicher Sammler von Militaria. Kunstliebhaber. Amateurfotograf. Ein Reisender? Ein Fliehender? Und falls letzteres: wohin und warum hat ihn sein Weg ausgerechnet an diesen Ort und - wie es für den Moment aussieht – auch wieder davon weg geführt?


Und das Angebotene zielt nicht nur auf die Geschichte des Verschwundenen, sondern richtet sich auch auf die Geschichte des einzelnen Besuchers - sofern er dazu bereit ist.


Die Installation „Höhere Gewalt“ von Jan Ratschat ist Ergebnis der Arbeit der letzten drei Jahre. Möbel, Fundstücke, eine Diaprojektion verbinden sich mit Malerei, Aquarellen und Zeichnungen zu einem eigentümlichen Ensemble. Regt sich Neugier oder Abwehr? Ist man bereit sich Erinnerungen zu stellen oder schaut man lieber ins Jetzt oder in die Zukunft? Geht das eine ohne die beiden anderen? Die Fragen und möglichen Konfrontationen sind nicht immer leicht zu ertragen. Oft verweigert man sich den Emotionen, die sie frei setzen. Aus Angst vor Kontrollverlust. Aus dem Leugnen einer Wahrheit, die man nicht bereit ist anzuerkennen und zu zulassen.
Anja Ellenberger


Nordische Kombinationen / Nordic Combination / diverse Ausstellungen seit 2010

 

 

Erderwärmung, Wetterphänomene, die globalen, klimatischen Veränderungen in der Natur sind mittlerweile gängige Begriffe die es aus der Naturwissenschaft in die tägliche Nachrichtenlage geschafft haben.

Wir nehmen sie oft nur noch am Rande wahr und hoffen auf schönes Wetter. Sehen wir von Hamburg in den hohen Norden, beschränkt sich unser Blick zumeist auf den Spaß am Nord und Ostsee Strand. Schnee und Eis sind nicht nur in den skandinavischen Ländern sondern auch in den alpinen Regionen der Erde in den Wintermonaten der Normalzustand. Er lädt Touristen dazu ein Wanderungen oder dem Skivergnügen zu frönen. Wesentliche Funktionen von Schnee und Eis bleiben dagegen verborgen.

Sie verhindern die Erosion ganzer Landschaften. Diese Problematiken beziehen sich längst nicht mehr nur auf Skandinavien sondern sind längst ein heimisches bzw. ein globales geworden. Betrachten wir die Alpen so sehen wir dort die gleichen Veränderungen durch das abtauen, dem verschwinden von Gletschern. Die Gefahren sind hier um ein vielfaches erhöhter da diese Landschaften stärker besiedelt sind als die polaren Landschaften der Tundren.

Auch hier führt der Mangel an Eis und Schnee, der Anstieg der jährlichen Umgebungstemperatur zur erhöhter Erosion und einer Zunahme von Muren und Bergstürzen. In den Wintermonaten können viele Gemeinden ohne Schneekanonen einen Wintersport nicht mehr garantieren. Als Gast vor Ort nimmt man diese kaum wahr da sich diese zumeist des Nachts im Einsatz befinden wenn die Pisten für den kommenden Tag präpariert werden.

 

Diesen extremen Veränderungen der Hochgebirge, der polaren Landschaften sowie den Regionen mit Permafrostböden liegen diese „möglichen Landschaften“ zu Grunde. Die „Nordische Kombination“ bezieht sich hierbei nicht auf das international bekannte Sportereignis sondern auf die von Menschen gemachten Veränderungen. Die Bilderserie zu diesem Thema beleuchtet dabei die Schönheit dieser Landschaften und gleichzeitig die Gefahren die von ihr ausgehen.

Ein sehr beunruhigendes Beispiel ist der Verlust der größten Trinkwasserreserven durch das Abtauen des Inlandeises und der weltweiten Gletscher. Wenn wir im heimischen Umfeld einen Wasserhahn aufdrehen, fließt kein gewöhnliches Wasser sondern Trinkwasser bester Qualität, ein für uns normaler Zustand, in den wir nicht einmal viel Geld investieren. Für die uns nachfolgenden Generationen könnte sich diese scheinbare Normalität zum Gegenteil wenden denn dann könnte Trinkwasser kostbarer sein als die ebenso endlichen Rohstoffe ÖL und Gas. Die großen Nahrungsmittelkonzerne investieren schon seit Jahren enorme Geldmengen in Trinkwasserquellen und erschliessen sich so kommende Märkte in deren Zukunft der Rohstoff Trinkwasser immer mehr an Bedeutung gewinnen wird.

Jan Ratschat

SCHLOSS AGATHENBURG / Rückzugsorte:Handlungsräume / mit Naini Arora (IND), Monica Bohlmann (D),

Janine Eggert & Philipp Ricklefts (D), Jan Ratschat "Our Pathetic Passion" (D), Kristine Roepstorff (DK)

 

Mit der 2. Ausstellung des Jahres 2016 kommen sechs Positionen auf Schloss Agathenburg zu Wort, die sich mit den Zuschreibenden von Identität und Zugehörigkeit beschäftigen.

 

Werden Rückzugsorte heute meist als idealisierte Orte der Ruhe wahrgenommen, die Momente des Einhalts vor den Anforderungen des Alltags bieten, spielt das Ausstellungskonzept darüber hinaus auf die historischen Gegebenheiten des Ortes und damit auf weitere mögliche Deutungsmuster an. Denn zweimal wird das Schloss im 17.Jahrhundert zum Witwensitz und bietet seinen Bewohnerinnen eine ökonomische Absicherung, wirft damit aber die Frage auf, wie freiwillig die Wahl eines Ortes und seiner Umgebung u.U. und was es mit einem Menschen macht sich fremden Gegebenheiten anzupassen und einzufügen.

Die Arbeiten der sechs internationalen Künstlerinnen und Künstler fragen, wie wir uns durch Orte und Räume, aber auch in Handlungen definieren. In ihren Gemälden, Objekten, und Skulpturen, sowie in Projektionen und performativen Arbeiten beleuchten sie Fragen der Akzeptanz von Rollenbildern und Handlungsmustern, der Identität und Verordnung des Individuums, der selbst gewählten Isolation oder der buchstäblichen Verordnung des Individuums im Raum selbst.

 

Kuratiert von Anja Ellenberger (Kunst und Filmhistorikerin)

 

 

At the Beginning of its history, Schloss Agathenburg is a country estate - a baroque par excellence, which is meant as a quiet resort for the count Hans Christoph von Königsmark representative of Swedish Rule in Northern Germany shortly after the Thirty Years War, and his family. Soon it becomes a refuge for two widows. Forcing them to redefine their lives and scopes in more or less isolated surroundings at a more or less young age.

Nowadays retreats are usually seen as ideal places of a quietness in a fast moving and hectic age. Offering moments of rest from the demands of everyday life, which need to be found. So the idea behind the exhibition plays with both of these concepts: with the modern - maybe more positive - view as much as a possible alternative interpretation of such situations like the Agathenburg examples show. When during the 17. century Agathenburg turns into a refuge for aristocratic ladies it suddenly changes into a place guaranteeing their economical welfare rather than being a leisureful space of its own anymore. So considering the themdous change the place undergoes for them, some of the arising questions are e.g. what other choices could be there?

Or even: are there any?

The exhibition deals with these questions on various levels and tries to figure out how spaces and action define who we are and what we are. And what our notion of identity and affiliation within society actually are as they are connected with social attributions. By showing paintings, objects, sculptures, installations and performative works, the artist question our acceptance of role models and social frame works, differing individual and social identities, but they also reflect on self - imposed isolation and / or how we define our own kind of space - with action and retreats.

The Indian Billboard Society / Words without Space / Dhi Art Space Gallery / Hyderabad / Indien

Der Betrachter betritt dieses Oktogon aus Billboards / Werbetafeln wie seine Privaträume, wirken die Stoffbespannungen beim ersten Blick noch wie Tapeten und erwecken so die Neugier, erweisen sich die in goldener Schrift hinzugefügten Zitate aus indischen Tageszeitungen schnell und unvermittelt als greller Gegensatz.

In der Rauminstallation / Ausstellungskonzept "The Indian Billboard Society" geht es um das Hinterfragen von alltäglichen Inhalten und Sehgewohnheiten.

Ist das Billboard in der Außenwahrnehmung dem Betrachter zugewandt um seine Inhalte, zumeist Werbung zu präsentieren stehen sich diese in meiner Rauminstallation in der Form eines Oktogons gegenüber.

Was bleibt, bewusst oder unbewusst ist die Irritation eines Ortes der so nicht existiert, Objekten, die man aus einem anderen Kontext kennt und die in dieser Erscheinungsform sich gerade zu aufdrängen. -Und so soll diese Rauminstallation das Gefüge zwischen privatem und öffentlichen Raum umkreisen.

 

 Technische Details:

Bespannt werden diese fünf Billboards in den Maßen von 2 Meter x 1 Meter, was umgerechnet in etwa 6 Feet x 3 Feet entspricht mit traditionell indischen Stoffen. Die Rahmen und die Holzständer  bestehen aus Holzlatten. Die Holzständer haben eine Höhe von 2 Meter / 6 Feet und eine Breite von 0,5 Meter / 1,5 Feet. Eine Schrift aus goldenen Lettern und die weitere Herangehensweise entscheidet sich vor Ort nach Fertigstellung der Raumkonstruktion.

 

Billboardtexts: Alle Texte sind ohne Leerstellen auf den Billboards geschrieben. All Texts are without space writen on the Billboards.

1. Wer bist Du wenn Du nicht weißt wer die anderen sind? 1. Who are you, if you don´t know who the others are?

2. Wem nutzt Deine Angst wenn Du sie nicht spürst? 2. Who benefits from your fear, if you don´t feel it?

3. Die Leichtigkeit der Aufklärung will meinen Tod! 3. The easiness of the Enlightment want´s my death!

4. Folgt der kritische Beobachter nur seiner eigenen Erinnerung? 4.Does the critical observer follow only his own memory?

5. Wer keine Fragen stellt kann nicht Teil der Gegenwart sein! 5. If you don´t ask questions. you don´t belong to the present!

 

 The Installation "The Indian Billboard Society" challenges to question our daily routines of perception and the way we deal with content.the on

In everyday life billboards promote their messages - usually advertisements - facing the onlooker. Here they circumscribe an octagon - facing one another and surrounding us standing in their midst.

What remains, may that be consciously or unconsciously, is the irritation one gets as such a place of course, doesn't exist and as we know these objects from totally different contexts.

As part of such an installation they impose themselves upon us, orbiting the private and the public sphere.

 

Technical Details:

Billboards;  6 Feet x § Feet, covered with traditional Indian fabrics ( patterned ). Frames itself and supporting frameworks in the back is constructed from wood. The supporting framework is 6 Feet high and 1,5 Feet width. Further details, like the golden letters etc. will be decided whilst putting up the installation.

 

Jan Ratschat